

Beschreibung
In der tiefsten bayerischen Einöde: Eine ganze Familie wird in einer Nacht ausgelöscht, mit der Spitzhacke erschlagen. Jetzt heißt er nur noch Mordhof, der einsam gelegene Hof der Danners in Tannöd, und vom Mörder fehlt jede Spur ... Ausgezeichnet mit dem Deut...In der tiefsten bayerischen Einöde: Eine ganze Familie wird in einer Nacht ausgelöscht, mit der Spitzhacke erschlagen. Jetzt heißt er nur noch Mordhof, der einsam gelegene Hof der Danners in Tannöd, und vom Mörder fehlt jede Spur ...
Ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimi Preis und dem Friedrich-Glauser-Preis.
Großartiges Krimidebüt.
Autorentext
Andrea Maria Schenkel, 1962 geboren, gilt als eine der renommiertesten Kriminalautorinnen Deutschlands. 2006 erschien ihr Debüt »Tannöd«, mit dem sie großes Aufsehen erregte. Der Roman wurde 2007 mit dem Deutschen Krimi-Preis, dem Friedrich-Glauser-Preis und der Corine ausgezeichnet. 2008 folgte der renommierte Martin Beck Award für den besten internationalen Kriminalroman. Das Buch wurde in bislang 20 Sprachen übersetzt und fürs Kino verfilmt. Auch für ihr zweites Buch »Kalteis« bekam sie begeisterte Kritiken und erhielt 2008 erneut den Deutschen Krimi-Preis. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Regensburg.
Leseprobe
Den ersten Sommer nach Kriegsende verbrachte ich bei entfernten Verwandten auf dem Land.
In jenen Wochen erschien mir dieses Dorf als eine Insel des Friedens. Einer der letzten heil gebliebenen Orte nach dem großen Sturm, den wir soeben überstanden hatten. Jahre später, das Leben hatte sich wieder normalisiert und jener Sommer war nur noch eine glückliche Erinnerung, las ich von eben jenem Dorf in der Zeitung.
Mein Dorf war zum »Morddorf« geworden und die Tat ließ mir keine Ruhe mehr.
Mit gemischten Gefühlen bin ich in das Dorf gefahren. Die, die ich dort traf, wollten mir von dem Verbrechen erzählen. Reden mit einem Fremden und doch Vertrauten. Einem der nicht blieb, der zuhören und wieder gehen würde.
Herr, erbarme Dich unser! Christus, erbarme Dich unser! Herr, erbarme Dich unser! Christus, höre uns! Christus, erhöre uns!
Gott Vater vom Himmel, erbarme Dich ihrer! Gott Sohn, Erlöser der Welt, erbarme Dich ihrer! Gott Heiliger Geist, erbarme Dich ihrer! Heilige Dreifaltigkeit, ein einiger Gott, erbarme Dich ihrer!
Heilige Maria, bitte für sie! Heilige Gottesgebärerin, bitte für sie! Heilige Jungfrau aller Jungfrauen, bitte für sie!
Heiliger Michael, bitte für sie!
Alle heiligen Engel und Erzengel, Alle heiligen Chöre der seligen Geister, Heiliger Johannes der Täufer, bittet für sie! Heiliger Josef, bitte für sie!
Alle heiligen Patriarchen und Propheten, Heiliger Petrus, Heiliger Paulus, Heiliger Johannes, bittet für sie!
Alle heiligen Apostel und Evangelisten, Heiliger Stefanus, Heiliger Laurentius, bittet für sie!
Alle heiligen Märtyrer, Heiliger Gregorius, Heiliger Ambrosius, bittet für sie!
Heiliger Hieronymus, Heiliger Augustinus, bittet für sie!
Alle heiligen Bischöfe und Bekenner, Alle heiligen Kirchenlehrer, Alle heiligen Priester und Leviten, Alle heiligen Mönche und Einsiedler, bittet für sie!
Am frühen Morgen, vor Tagesanbruch, betritt er den Raum. Mit dem Holz, das er von draußen hereingebracht hat, heizt er den großen Herd in der Küche an, befüllt den Dämpfer mit Kartoffeln und Wasser, stellt den gefüllten Kartoffeldämpfer auf die Herdplatte.
Von der Küche aus geht er, den langen fensterlosen Gang entlang, hinüber in den Stall. Die Kühe müssen zweimal am Tag gefüttert und gemolken werden. Sie stehen in einer Reihe. Eine neben der anderen.
Er spricht mit gedämpfter Stimme auf sie ein. Er hat es sich zur Gewohnheit gemacht, während der Arbeit im Stall immer mit den Tieren zu sprechen. Vom Klang seiner Stimme scheint eine beruhigende Wirkung auf die Tiere auszugehen. Ihre Unruhe scheint durch den monotonen Singsang der Stimme, durch die Gleichförmigkeit der Worte zu schwinden. Der ruhige, einförmige Klang löst ihre Spannung. Er kennt diese Arbeit schon sein ganzes Leben. Sie macht ihm Freude. Er streut neues Stroh auf die alte Unterlage auf. Das Stroh dafür holt er aus dem angrenzenden Stadel. Es verbreitet im Stall einen angenehmen, vertrauten Geruch. Kühe riechen anders als Schweine. Ihr Geruch hat nichts Aufdringliches, nichts Scharfes an sich.
Danach holt er das Heu. Er holt es auch aus dem Stadel. Die Verbindungstür zwischen Stadel und Stall lässt er offen. Während die Tiere fressen, melkt er sie. Davor ist ihm etwas bange. Die Tiere sind es nicht gewöhnt, von ihm gemolken zu werden. Doch seine Befürchtungen, dass das eine oder andere Tier sich nicht von ihm melken lassen würde, waren umsonst gewesen.
Die garen Kartoffeln riechen bis hinüber in den Stall. Es ist Zeit, die Schweine zu füttern. Er schüttet die Erdäpfel aus dem Dämpfer direkt in einen Eimer, dort werden sie gequetscht, bevor er sie zu den Schweinen in den Schweinestall bringt. Die Schweine quieken, als er die Tür zu ihrem Verschlag öffnet. Er schüttet den Inhalt des Eimers in den Trog, dazu noch etwas Wasser.
Er hat seine Arbeit erledigt. Bevor er das Haus verlässt, achtet er darauf, dass das Feuer im Herd erloschen ist. Die Tür zwischen Stadel und Stall lässt er offen. Den Inhalt der Milchkanne schüttet er auf den Mist. Die Kanne stellt er wieder an ihren alten Platz zurück.
Am Abend würde er erneut in den Stall gehen. Er würde den Hund füttern, der sich bei seinem Kommen stets winselnd in die Ecke verkriecht. Er würde die Tiere versorgen. Dabei würde er stets darauf achten, um den Strohhaufen in der linken hinteren Ecke des Stadels einen Bogen zu machen.
Betty, 8 Jahre
Die Marianne und ich sitzen in der Schule nebeneinander. Sie ist meine beste Freundin. Deshalb sitzen wir ja auch beieinander.
Die Marianne mag die Rohrnudeln meiner Mama immer besonders gern. Wenn meine Mama welche macht, bringe ich ihr immer eine mit, in die Schule oder am Sonntag auch mit in die Kirche. Am letzten Sonntag habe ich ihr auch eine mitgebracht, aber die musste ich dann selbst essen, weil sie nicht in der Kirche war.
Was wir immer so gemeinsam machen? Was man halt so spielt, Räuber und Gendarm, Fangerles, Verstecken. Im Sommer ab und zu bei uns im Hof Verkaufen. Da richten wir uns am Gartenzaun zum Gemüsegarten einen kleinen Laden ein. Mama gibt mir dann immer eine Decke und wir können unsere Sachen darauf ausbreiten: Äpfel, Nüsse, Blumen, buntes Papier oder was wir halt so finden.
Einmal hatten wir sogar Kaugummi, den hat meine Tante mitgebracht. Der schmeckt prima nach Zimt. Meine Tante sagt, die Kinder in Amerika essen das immer. Meine Tante arbeitet nämlich bei den Amis und ab und zu bringt sie Kaugummi und Schokolade und Erdnussbutter mit. Oder Brot in so komischen grünen Dosen. Einmal im letzten Sommer sogar Eis. Meine Mama ist davon nicht so begeistert, weil der Freund von der Tante Lisbeth ist nämlich auch aus Amerika und ganz schwarz.
Die Marianne sagt immer, ihr Papa ist auch in Amerika und er kommt sie ganz bestimmt bald holen. Aber das glaube ich nicht. Ab und zu schwindelt die Marianne nämlich ein bisschen. Mama sagt, das darf man nicht, und wenn die Marianne wieder eine ihrer Schwindelgeschichten erzählt, streiten wir. Meistens
nimmt dann jeder seine Sachen aus dem Kaufladen weg und wir können nicht mehr weiterspielen und die Marianne läuft dann nach Hause. Nach ein paar Tagen verstehen wir uns dann wieder.
An Weihnachten habe ich eine Puppe vom Christkind bekommen und die Marianne war ganz neidisch. Sie hat nur eine ganz alte, die ist aus Holz und noch von ihrer Mutter. Da hat die Marianne wieder mit ihrer Geschichte angefangen. Ihr Papa kommt bald und nimmt sie mit nach Amerika. Ich habe ihr gesagt, ich bin nicht mehr ihre Freundin, wenn sie immer so viel lügt. Seitdem hat sie nichts mehr darüber erzählt.
Im Winter waren wir ab und zu beim Schlitten fahren auf der Wiese hinter unserem Hof. Das ist ein prima Schlittenberg, da kommen immer alle aus dem Dorf hin. Wenn man nicht rechtzeitig bremst, saust man unten in die Hecken. Dann gibt's zu
Hause meistens Ärger. Marianne musste ab und zu ihren kleinen Bruder mitnehmen, zum Aufpassen. Der hängt einem dann immer am Rockzipfel. Ich habe ja keinen kleinen B…
